Der Wind pfiff durch die schmalen Gassen des kleinen Küstendorfes. Es war ein friedlicher Morgen gewesen, als die erste Welle aufschlug. Niemand hatte sie kommen sehen. Der Ozean war ruhig gewesen, das Wasser so klar wie seit Wochen nicht mehr. Doch als die Welle auf die Felsen krachte, zerbrach die Stille wie Glas. Häuser erzitterten, Boote zerschellten, und die Fischer, die am Strand arbeiteten, rannten um ihr Leben.
Niemand konnte erklären, woher die Wellen kamen. Sie waren nicht hoch genug, um das Dorf zu verschlingen, aber stark genug, um Angst zu verbreiten. Jeden Tag rollten sie herein, immer in Abständen von genau einer Stunde. Zuerst kamen nur drei Wellen, dann fünf, dann zehn. Jede war höher als die vorherige.
Hannah, eine junge Meeresbiologin, war als Teil eines Forschungsteams hierhergekommen, um die ungewöhnliche Aktivität des Meeres zu untersuchen. Sie stand auf der Klippe und beobachtete, wie die elfte Welle die Küste traf. Das Wasser wirbelte und schäumte, als hätte es ein eigenes Bewusstsein. Hinter ihr raschelte das Funkgerät.
„Hannah, wir haben Daten von der Messboje. Das ist nicht normal. Die Wellenbewegungen deuten auf etwas Großes hin… etwas Lebendiges“, sagte ihre Kollegin am anderen Ende.
Hannahs Herz setzte einen Schlag aus. „Lebendig? Was meinst du damit?“
„Es ist nicht nur eine Anomalie. Etwas unter der Wasseroberfläche bewegt sich. Die Strömungen verhalten sich so, als würde sich eine riesige Masse durch den Ozean wälzen. Und es wird stärker.“
Plötzlich begann der Boden unter Hannahs Füßen zu vibrieren. Die nächste Welle war unterwegs, größer als alle zuvor. Sie spürte, wie die Luft förmlich geladen war, als ob der Ozean selbst ein tiefes Brüllen ausstieß. Das Wasser türmte sich am Horizont auf – eine massive Wand, die sich bedrohlich auf das Dorf zubewegte.
„Es kommt“, flüsterte Hannah in das Funkgerät, doch niemand antwortete.
Die Welle war jetzt so nah, dass sie die tosenden Wassermassen deutlich sehen konnte. Zwischen den weißen Schaumkronen sah sie etwas Dunkles, das sich unter der Oberfläche bewegte. Es war groß, riesig sogar, und es schien, als würde die Welle durch seine Bewegung geformt werden.
Das Dorf unter ihr verfiel in Panik. Menschen rannten, schrien, packten hastig ihre Sachen, doch es war zu spät. Die Welle würde in wenigen Sekunden einschlagen.
Hannah blieb wie erstarrt auf der Klippe stehen, unfähig, sich zu bewegen. Die Kreatur – oder was auch immer es war – schien sich direkt auf sie zuzubewegen, als ob sie sie gesehen hätte. Sie atmete tief ein, ein letztes Mal.
Dann brach die Welle über sie herein.