Dr. Felix Brandt stand in seinem Labor, den Blick auf das kleine, unscheinbare Gerät in seiner Hand gerichtet. Ein einfaches Metallgehäuse, kaum größer als eine Armbanduhr, aber in seinem Inneren verbarg sich das Ergebnis jahrelanger Forschung – eine Möglichkeit, durch die Zeit zu reisen. Keine gigantische Maschine, kein Blitz und Donner. Nur ein Knopfdruck und schon würde er die Zeit überwinden.
Sein Herz schlug schneller, als er den Knopf drückte. Ein Summen erfüllte den Raum, ein seltsames Kribbeln breitete sich in seinem Körper aus. Sekunden vergingen, doch nichts schien zu geschehen. Enttäuschung flammte in ihm auf, bevor er bemerkte, dass die Uhr an der Wand stillstand. Kein Ticken mehr. Die Sekundenzeiger hatten aufgehört, sich zu bewegen.
Felix schaute sich um. Alles schien normal – der Raum war derselbe, das Licht war dasselbe – aber etwas war grundlegend anders. Ein Blick aus dem Fenster offenbarte es: Die Menschen auf der Straße bewegten sich kaum. Ein Mann, der gerade noch in voller Bewegung gewesen war, hing jetzt wie eingefroren in der Luft, sein Mantel in einem merkwürdigen Halbkreis um ihn herum aufgeworfen. Es war, als ob die Zeit für alle außer ihm stillstand.
Ein Triumphgefühl durchzuckte Felix. Es war ihm gelungen! Die Zeit bewegte sich langsamer – so viel langsamer, dass es aussah, als stünde sie still. Er konnte durch die Straßen gehen, die Menschen betrachten, die Welt analysieren, während sie in einem Augenblick eingefroren war. Doch als er versuchte, die Straßen zu betreten, fühlte sich die Luft zäh an, wie Sirup. Jeder Schritt war mühsam, als würde er sich durch einen unsichtbaren Widerstand kämpfen.
Stundenlang wanderte Felix durch die Stadt, versuchte, den Effekt zu begreifen. Doch je länger er in dieser verzerrten Realität blieb, desto unheimlicher wurde sie. Die Menschen waren wie lebende Statuen, gefangen in ihren letzten Momenten. Er versuchte, mit ihnen zu sprechen, aber kein Laut kam aus ihren Mündern. Ein Gefühl der Isolation setzte sich in ihm fest.
Dann begann es. Zuerst waren es nur kleine Verzerrungen am Rande seines Blickfelds. Eine Straßenlaterne flackerte, ein Schatten verschob sich seltsam, als wäre die Realität selbst instabil. Felix versuchte, den Knopf zu drücken, um in die normale Zeit zurückzukehren, aber nichts geschah. Der Knopf funktionierte nicht mehr. Die Zeitmaschine war stumm.
Panik ergriff ihn. Felix rannte zurück zu seinem Labor, doch die Verzerrungen folgten ihm. Die Umgebung begann, sich aufzulösen, als ob die Welt sich in langsamen Wellen auflöste. Er sah, wie Wände und Straßen sich verformten, Teile der Stadt sich in einer unbestimmten Masse auflösten, bevor sie wieder zusammenfanden, doch nie ganz so wie zuvor.
Als er das Labor erreichte, war nichts mehr, wie es einmal war. Die Geräte waren verzogen, die Möbel schienen in den Boden zu sinken. Er versuchte verzweifelt, die Maschine zu reparieren, doch seine Hände konnten nichts mehr greifen – alles fühlte sich seltsam entkoppelt an, als ob er durch Nebel arbeitete.
Plötzlich merkte er, dass die Zeit nicht nur stillstand – sie war zerstört. Sie hatte sich in unzusammenhängende Fragmente aufgespalten, in denen er nun für immer gefangen war. Er war nicht mehr in der Zeit, sondern in einer Zwischenwelt, einer Bruchstelle, in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verschwammen.
Felix wusste, dass er nie mehr zurückkehren würde. Die Zeit war gebrochen, und er war das Opfer seines eigenen Genies.