Die Virtual-Reality-Brille saß fest auf Sofias Kopf. Kaum hatte sie das Gerät aktiviert, wurde sie von der lebendigen, vibrierenden Welt verschlungen, die das neue Spiel „Eterna“ bot. Das Spiel versprach die größte und detailreichste Open-World-Erfahrung, die je geschaffen wurde. Gemeinsam mit vier Freunden hatte sie die Idee, das Spiel als erste zu erkunden und sämtliche versteckten Geheimnisse zu finden.
Als sie die Augen öffnete, stand sie auf einem weiten Feld, umgeben von gigantischen Bergen, deren Gipfel von einem goldenen Licht beleuchtet wurden. Die Wiesen und Wälder wirkten so real, dass sie fast das Gefühl hatte, das Gras unter ihren Füßen zu spüren. Die Farben waren intensiver, die Geräusche klarer als in jedem Spiel zuvor.
Ihre Freunde tauchten neben ihr auf, jede Bewegung so fließend wie im echten Leben. Nach einer kurzen Begrüßung begannen sie, die Welt zu erkunden. Stunden vergingen, doch sie spürten keinen Hunger oder Durst, kein Bedürfnis nach einer Pause. „Eterna“ zog sie in seinen Bann, wie es kein Spiel zuvor geschafft hatte.
Irgendwann beschloss Sofia, auszuloggen. Sie hob die Hand an ihr Ohr, um das Menü aufzurufen – doch nichts geschah. Sie versuchte es erneut, dann ein drittes Mal, doch der Befehl, der sie aus dem Spiel hätte holen sollen, blieb wirkungslos. Ein eisiger Schauer durchlief ihren Körper. „Hey, Leute“, rief sie nervös, „ich kann nicht ausloggen. Könnt ihr das mal probieren?“
Einer nach dem anderen versuchten auch die anderen, sich auszuloggen, doch sie scheiterten. Panik ergriff die Gruppe. „Das ist doch ein Bug, oder?“ fragte Michael, der sonst der Ruhigste von ihnen war, doch in seiner Stimme lag ein Hauch von Angst. Sie versuchten, sich zu beruhigen und überlegten, was zu tun sei.
Plötzlich erschien eine Gestalt am Horizont – eine alte Frau mit einer schwarzen Kapuze, die sich langsam ihrem Standort näherte. Sie blieb vor ihnen stehen und sprach mit einer heiseren Stimme: „Ihr seid in der Welt von Eterna gefangen. Wer einmal hier ist, bleibt hier… bis er das Rätsel des Tempels im Zentrum der Welt löst.“
Die Freunde sahen sich entsetzt an. War das ein Teil des Spiels, eine Art unheimliche Quest? Sie beschlossen, der Sache nachzugehen und machten sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Tempel.
Die Reise durch „Eterna“ war sowohl faszinierend als auch erschreckend. Die Landschaften, die Kreaturen, die Herausforderungen – alles schien zum Leben erweckt. Jeder Tag fühlte sich endlos an, und bald wussten sie nicht mehr, wie viele Tage oder Wochen vergangen waren. Doch sie hatten keine Wahl, sie mussten den Tempel finden und das Rätsel lösen.
Nach unzähligen Prüfungen, die ihren Mut und Verstand auf die Probe stellten, standen sie schließlich vor dem gigantischen Eingang eines Tempels, der in den Felsen gehauen war. Auf den Wänden des Tempels waren Symbole eingeritzt, die sich bewegten und eine Geschichte erzählten – die Geschichte einer Welt, die ihre Bewohner für immer fesselte, bis sie den Mut fanden, sich ihren tiefsten Ängsten zu stellen.
Im Inneren des Tempels fanden sie eine letzte Herausforderung: Jeder musste sich allein einer Vision seiner größten Furcht stellen. Sofia sah ihre Familie, die sie in der realen Welt vergessen hatte und die in der Dunkelheit verschwand. Sie kämpfte gegen ihre Angst und schrie, dass sie nach Hause wollte – und als sie die Augen öffnete, war sie zurück.
Langsam nahm sie die Virtual-Reality-Brille ab und blinzelte in das schummrige Licht ihres Zimmers. Die Erfahrung war zu real gewesen, und die Dunkelheit, die ihr Herz beschwert hatte, spürte sie noch immer. Doch sie war frei.